Deutschland hat in der Vergangenheit lange von günstigen Erdgaslieferungen profitiert. Neben Norwegen und den Niederlanden entfielen 2021 mehr als die Hälfte der Gaslieferungen auf Russland. Nicht erst mit Beginn des Angriffes auf die Ukraine im Februar 2022 gerieten die Energiemärkte in Bewegung. Insbesondere die Gaspreise stiegen deutlich. Diese Entwicklung hat sich mit Beginn des Ukraine-Krieges deutlich beschleunigt. Hinzu kam, dass die russischen Lieferungen nach Beginn des Krieges zudem einseitig reduziert wurden. Die wichtigste Gaspipeline "Nord Stream 1" ist seit der Sapotage komplett ausgefallen. Damit herrscht vor allem in Europa eine Situation, dass die Versorgung mit Erdgas künftig nicht mehr zuverlässig ist.
Derzeit sind bereits viele Maßnahmen im Gange, um den Anteil russischen Erdgases am deutschen und europäischen Energiemix langfristig zu ersetzen. Das sind zum einen der Ausbau erneuerbarer Energien, zum anderen aber auch alternative Bezugsquellen. Meist handelt es sich dabei um Flüssiggasimporte (LNG). In der Regel wird es mit Flüssiggastankern weltweit transportiert. Zur Anlandung benötigen diese eigene LNG-Terminals. Dort wird das verflüssigte Gas nicht nur vom Schiff gepumpt, sondern auch vom flüssigen wieder in den gasförmigen Zustand gebracht. Deutschland besitzt seit Ende 2022 einen ersten LNG-Terminal in Wilhelmshafen. Der LNG-Anleger ist der erste von sechs Flüssiggas-Terminals, die momentan in Deutschland realisiert werden. Über die schwimmenden Flüssiggasterminals lässt sich der bisherige Gasbedarf zu etwa einem Drittel decken.
Das fossile Flüssiggas wird jedoch nur vorübergehend eine Rolle spielen. Der Aufbau der LNG-Infrastruktur ist die kurzfristige Lösung für alternative Importmöglichkeiten von Gas. Die Bundesregierung plant von Anfang an, diese Infrastruktur in Zukunft auch für Wasserstoff nutzen zu können.
Auch wenn in den letzten Wochen an den Märkten wieder eine Beruhigung verzeichnet werden konnte, so befinden wir uns nach wie vor in einem zuvor nicht bekannten Preishoch. Das heißt, dass die Einkäufe dort, sprich der Preis, den Stadtwerke und andere Energieversorger bezahlen, so teuer wie seit Jahren nicht sind. Bisher profitieren die meisten Kundinnen und Kunden noch davon, dass Stadtwerke ihre Gasbeschaffung langfristig planen. Das heißt, Erdgas wird nicht kurz vor der Lieferung an die Kundinnen und Kunden eingekauft, sondern einige Jahre (in der Regel: drei) im Voraus. Dazu erstellen Stadtwerke eine Prognose, wie viel Erdgas sie wohl zum Zeitpunkt der Lieferung an ihre Kundinnen und Kunden benötigen werden und kaufen dann diese Menge ein. Dabei wird meist nicht alles auf einen Schlag beschafft, sondern Teilmengen werden in mehreren Tranchen verteilt eingekauft. So errechnet sich dann ein Durchschnittspreis, der in der Regel attraktiv ist, da innerhalb der Zeit zwischen Einkauf und Lieferung die Preise an den Energiemärkten meist gestiegen sind. Derzeit müssen Stadtwerke die benötigten Gasmengen für die nächste(n) Periode(n) einkaufen – und das leider zu den hohen Einkaufspreisen, die aktuell an den Energiemärkten herrschen.
Nun kommt eine Besonderheit hinzu: Die Stadtwerke kaufen das benötigte Erdgas nicht direkt beim Erzeuger oder der Erzeugerin, sondern bei einem Zwischenhändler. Dieser kauft gebündelt große Mengen ein und verteilt diese dann je nach benötigter Menge an die einzelnen seiner Stadtwerke-Kunden. Das basiert auf in der Regel langfristigen Verträgen, die auch die Preise für die Erdgas an die Stadtwerke fixieren. Nun muss wegen des Vorgehens des russischen Staatskonzerns Gazprom, der einfach weniger Erdgas als vereinbart liefert, der Zwischenhändler – in Deutschland ist das sehr oft der Konzern Uniper – aktuell in großem Umfang Erdgas zu den aktuell aufgerufenen hohen Kosten an den Märkten kaufen (die sogenannte Ersatzbeschaffung). Dadurch verlieren die Zwischenhändler sehr viel Geld und kommen so eigentlich unverschuldet einer Insolvenz immer näher. Deshalb hatte die Bundesregierung zuerst die Einführung einer Gasumlage zum 01.10.2022 geplant, welche allerdings kurz vor dem Inkraftreten wieder gestoppt wurde. An Stelle der Gasumlage wurde dann die Einführung eines Gaspreisdeckels verhandelt. 200 Mrd. Euro stellt die Bundesregierung hierfür bereit. Die Reduzierung der Energiekosten erfolgte im ersten Schritt mit der Erstattung des Dezemberabschlages durch das Soforthilfegesetz Gas und Wärme bevor im Frühjahr 2023 die Gaspreisbremse eingeführt wird. Zudem wurde die Mehrwertsteuer für Strom, Gas und Wärme bis voraussichtlich 31.03.2024 von bislang 19% auf 7% reduziert.
Die Soforthilfe bekam nur, wer Gas oder Wärme bezieht. Verbraucher, die mit Öl oder Strom heizen, haben keinen Anspruch bekommen. Darüber hinaus bestand kein Anspruch, wenn der Jahresverbrauch größer 1.5 Mio. kWh ist (Ausnahmen galten beispielsweise für Soziale Einrichtungen und Vermieter). Auch Anlagenbetreiber zur Strom- und Wärmegewinnung sowie Krankenhäuser hatten keinen Anspruch auf die Soforthilfe.
Bei üblichen Haushaltskunden wurde die Entlastung auf Grundlage von einem Zwölftel des Jahresverbrauchs sowie des Gaspreises (Arbeitspreis) vom Dezember 2022 errechnet. Als Jahresverbrauch galt der Verbrauch, welcher im September 2022 für die Entnahmestelle für das gesamte Jahr prognostiziert war. Zusätzlich wurde der Grundpreis für den Monat Dezember erlassen - bei einem Jahresgrundpreis also einem Zwölftel des Jahresgrundpreises.
Bei Kunden mit Leistungsmessung (RLM-Kunden) wurde statt des prognostizierten Jahresverbrauchs der reale Verbrauch von November 2021 bis einschließlich Oktober 2022 als Basis genommen.
Die Soforthilfe wird bei üblichen Haushaltskunden bei der kommenden Jahresendabrechnung berücksichtigt und verrechnet. Der Entlastungsbetrag wird gesondert ausgewiesen.
Nähere Informationen zur Dezemberentlastung erhalten Sie hier
Es gibt viele Maßnahmen, die dabei helfen, weniger Erdgas zu verbrauchen. Vieles davon ist sehr einfach:
1. Wenn Sie beispielsweise die voreingestellte Raumtemperatur nur um ein Grad senken, spart das bereits rd. 6 Prozent der Heizenergie. Jedes weitere Grad bringt weitere rd. 6 Prozent.
2. Duschen spart gegenüber Baden bis zu das Dreifache an Energie, sofern Sie Warmwasser zentral bereiten. Auch kürzer oder weniger heiß zu duschen kann Erdgas sparen.
3. Achten Sie darauf, dass Heizkörper immer frei zugänglich sind und nicht durch z.B. einen Vorhang oder Sofa verdeckt werden. Überprüfen Sie bei Heizkörper, dass diese entlüftet sind und vollständig mit Wasser gefüllt sind. Vermeiden Sie bei Fußbodenheizungen große Teppiche die eine Wärmeübertragung beeinträchtigen.
4. Kipplüftung gehört der Vergangenheit an: Richtiges Lüften erfolgt durch kurzes Stoßlüften mit vollständig geöffneten Fenstern.
5. Schließen Sie die Wohnungstüren von beheizten Räumen zu nichtbeheizten Räumen (z.B. von Wohnzimmer oder Badezimmer zum Treppenhaus oder Flur)
6. Alle Heizkörper in einem beheizten Raum sollten immer auf den selben Wert eingestellt werden. Also nicht einer auf 4 und der nächste auf 2.
7. Prüfen Sie eine Reduzierung der Temperatur in Ihrem zentralen Brauchwarmwasserspeicher. 50-55 Grad sind hier meist ausreichend. Bei einer Reduzierung der Speichertemperatur MUSS auf Grund der Legionellenproblematik auf einen ausreichenden Wasserdurchsatzt geachtet werden. Fragen Sie hierzu Ihren Heizungsfachmann.
1. Verbrauch reduzieren
Kurzfristig und schnell wirkt vor allem eines: Gas sparen, wo es nur möglich ist. Das gelingt bei den meisten leicht über kleine Anpassungen des eigenen Verhaltens. Sicher kann mancher mehr tun als andere. Aber wenn 83 Millionen Menschen nur ein bisschen tun, kommt am Ende auch eine große Gesamtersparnis zustande!
2. Abschlag anpassen
Die aktuelle Situation zwingt praktisch dazu, sich mittel- und langfristig vorzubereiten. Sie sollten definitiv darüber nachdenken, Ihren monatlichen Abschlag zu erhöhen. Das ist jederzeit unkompliziert möglich. Dadurch vermeiden Sie, dass Sie bei der Jahresabrechnung eine hohe Nachzahlung leisten müssen.
3. Geld für Nachzahlungen zurücklegen
Da sich für die nähere Zukunft weitere Verteuerungen ankündigen, ist eine Vorbereitung darauf ebenfalls klug. Also: Für alle Fälle sollten Sie bereits Geld zurücklegen.
Das kommt natürlich ganz auf ihre jeweilige Situation an, vor allem wie genau sie wohnen und wie viele Personen mit Ihnen zusammenleben. Denn natürlich verbraucht ein Singlehaushalt in einer Stadtwohnung weniger Erdgas als eine vierköpfige Familie in einem freistehenden Einfamilienhaus. Am einfachsten sind hier Beispielrechnungen:
Ein Single-Haushalt verbraucht im Durchschnitt (je nach Größe der Wohnung) zwischen 4.000 und 8.000 Kilowattstunden Erdgas pro Jahr.
Ein Zwei-Personenhaushalt bringt es bereits auf zwischen 8.000 und 12.000 Kilowattstunden Erdgas pro Jahr.
Eine vierköpfige Familie liegt bei 14.000 bis 18.000 Kilowattstunden pro Jahr (Wohnung im Mehrfamilienhaus), bzw. auf 18.000 bis 25.000 Kilowattstunden pro Jahr (Einfamilienhaus)
Die folgende Tabelle nutzt bei den Haushaltsgrößen jeweils die Mittelwerte:
Zugrunde liegt unser Gastarif primeroERDGAS. Alle Angaben sind Bruttopreise (2020 & 2021 = 19%, 2022 = 7%) inkl. der gesetzlichen Abgaben (wie z.B. Erdgassteuer). Bei unterjährigen Preisänderungen erfolgte die Aufteilung der Jahresmengen anhand der monatlichen Gradtagszahlen des DVGW, G685. Die Gaskosten 2022 enthalten die Reduzierung durch das Soforthilfegesetz für den Dezember 2022. Die Preise ab 2023 berücksichtigen neben 7% MWSt auch die geplante Gaspreisbremse von 12 Cent/kWh für 80% des Jahresverbrauchs
Die Aufstellung zeigt, dass sich die Kosten für Erdgas von 2021 auf 2022 etwa verdoppelt haben. Die Energiepreisbremse dämpft die Entwicklung im Jahr 2023 im Schnitt um rd. 20%. Wichtig ist: Durch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sind die Preise für Erdgas um ein Vielfaches gestiegen. Da Stadtwerke und die meisten anderen Energieversorger in der Regel im Voraus beschaffen, wirken sich die aktuellen Marktpreise erst nach und nach auf die Tarife aus. Es ist davon auszugehen, dass die Tarif-Preise weiter steigen werden.
Vermutlich wird das aufgrund der extremen Energiemarkt-Verwerfungen auf mehr Kundinnen und Kunden zukommen als bisher. Schweigen oder die Sache aussitzen ist in jedem Fall die schlechteste Entscheidung. Wie andernorts auch hilft reden: Kommen Sie rechtzeitig auf uns zu, sprechen Sie offen mit uns. Wir suchen gemeinsam eine Lösung, die für beide Seiten akzeptabel ist. Vielleicht hilft Ihnen ja ein Ratenplan oder eine begrenzte Stundung von Zahlungen.
Auch in der Strom- und Wärmeversorgung sind die Auswirkungen an den Energiemärkten spürbar. Die gestiegenen Preise für Kohle und Gas wirken auch auf die Preise für Strom und Wärme zurück. Auch in diesen Bereichen gab es zum Jahreswechsel zum Teil deutliche Preissteigerungen.